Am vergangenen Freitag 30. November hat der Bundesrat das Geheimnis endlich gelüftet und uns darüber aufgeklärt, was jetzt mit der gemeinsamen elterlichen Sorge geschieht.
Wir erinnern uns - Im Sommer 2013 hat das Parlament die Vorlage verabschiedet und eine rasche Einsetzung verlangt. Die Referendumsfrist bis Mitte Oktober verlief ruhig - vielleicht zu ruhig.
Einer Inkraftsetzung per 1.1.2014 schien nichts mehr im Wege zu stehen. Selbst Mitarbeiter des EJPD gingen davon aus, dass der 1.1. gesetzt sei. Doch dann plötzlich - quasi aus dem Nichts heraus ein Schreiben der KOKES (Konferenz der Kantone für Kinder- und Erwachsenenschutz) an den Bundesrat - man möge doch die Einführung verschieben, um mindestens ein Jahr, besser zwei, oder noch besser gleich mit dem Unterhaltsrecht zusammen legen.
Wir erinnern uns nochmals - genau darum ging es ja schon vor gut 3 Jahren bei der Aktion SchickEnStei. Das Parlament hatte seinerzeit klar und deutlich festgehalten, dass eine solche Verknüpfung der beiden Vorlagen nicht erwünscht sei. An dieser Haltung hat sich nichts geändert, auch im Juni 2013 hat das Parlament nochmals bekräftigt, dass das Sorgerecht unabhängig vom Unterhaltsrecht rasch möglichst eingeführt werden solle.
Verschiedene Organisationen wandten sich daraufhin mit einem offenen Brief an die KOKES - sie monierten, dass die von der KOKES gewünschte Verzögerung unstatthaft, die vorgebrachten Argumente zu wenig haltbar seien.
Das Warten begann. Jeden Mittwoch hielten wir den Atem an, wartend auf ein Zeichen aus dem Bundesrat - den ganzen Monat November hindurch.
Am 30.11. dann endlich die Ankündigung. Das Sorgerecht wird per 1. Juli 2014 eingeführt.
Das bringt uns zu den Fragen, welche der Titel dieses Blogs schon antönt.
Haben wir jetzt verloren?
Einige von uns haben verloren. All jene Väter und Mütter, deren Scheidung im ersten Halbjahr 2009 lag, haben die Möglichkeit verloren, ihr Sorgerecht nachträglich geltend zu machen. Zumindest die Möglichkeit, dies auf vereinfachtem Weg zu tun. Diese Eltern - und das sind doch schätzungsweise rund 1000 haben am Freitag verloren. Und zwar die Hoffnung, eine Ungerechtigkeit aus dem alten Recht doch noch korrigieren zu können. Mein Mitgefühl liegt ganz bei diesen Betroffenen. Viele von ihnen waren in den letzten Jahren aktiv und haben mit uns gekämpft für das Sorgerecht. Es ist unfair und tragisch, dass genau diese Personen jetzt aufgrund der Intervention der Kantone zwischen Stuhl und Bank fallen.
Aber: Es gibt zwei "Aber" dazu. Erstens müssen wir uns einfach bewusst sein, dass eine solche Rückwirksamkeit eine absolute Ausnahme darstellt. In aller Regel gelten Gesetze solange sie gelten und die neuen Bestimmungen gelten ab Einführung. Eine Rückwirksamkeit über 5 Jahre ist höchst selten. Ausserdem steht der Zeitraum exakt genau so im Gesetz - ihn anzupassen hätte bedeutet, dass ganze Gesetz nochmals zurück zu weisen - undenkbar. Zweitens gibt es für die betroffenen Eltern durchaus andere Möglichkeiten, die gemeinsame Sorge doch noch zu erlangen, Details erklärt Ihnen gern Ihr VeV-Berater :-)
Haben wir also gewonnen?
Gewonnen? Aber sicher. Wir haben die gemeinsame elterliche Sorge. Ab Mitte 2014 müssen Väter nicht mehr fürchten, aus der Verantwortung für ihre Kinder gekippt zu werden, nur weil sie mit der Mutter der Kinder nicht mehr zusammenleben wollen. Ab Mitte 2014 dürfen endlich auch Väter die nicht verheiratet sind, juristische Verantwortung für ihre Kinder übernehmen.
Ich schreibe bewusst "Verantwortung" denn genau darum geht es nämlich. Wir haben kein Recht gewonnen, wir haben für eine Verantwortung gekämpft, eine mit Rechten und Pflichten.
Gewonnen? Ja natürlich haben wir gewonnen. Starke Kreise wollten von Anfang an das Sorgerecht unterdrücken, ablehnen. Als das nicht ging haben sie versucht, es mit der Unterhaltsfrage zu koppeln und damit weit nach hinten zu schieben. Als das auch nicht ging, haben die Kantone noch einen letzten Versuch gestartet, nochmals 1 - 2 Jahre zu gewinnen.
Aus all diesen Versuchen ist nichts geworden. Magere 6 Monate haben sie rausgeholt.
Statt 1 - 2 Jahre gerade mal 6 Monate. Verknüpfung mit dem Unterhaltsrecht? Nix da.
Wir haben gewonnen, denn wir haben ab 1.7.2014 eine moderne Gesetzgebung die es Vätern und Müttern ermöglicht, gute, konstruktive Lösungen für die Kinder zu finden, auch wenn sie als Paar nicht mehr zusammen leben wollen.
Dann ist es unentschieden?
Wenn man nicht gewinnt und nicht verliert, dann ist das wohl unentschieden. Könnte man das hier so sagen? Eher nicht. Einige von uns haben verloren und das ist in jedem einzelnen Fall sehr traurig und schlimm. Viele haben aber gewonnen. Insbesondere haben alle Kinder gewonnen, die noch gar nicht zur Welt gekommen sind. Väter und Mütter haben gewonnen, die jetzt noch nicht einmal wissen, dass sie dereinst davon profitieren könnten. Die Zukunft hat gewonnen.
Das ist für mich wesentlich mehr als "unentschieden"
Deshalb, auch wenn nicht Alle damit einverstanden sind, sage ich - Danke Frau Sommaruga. Sie haben fair gespielt - Sie haben Wort gehalten und Sie haben sich für unsere Sache eingesetzt.
Jetzt machen wir uns an das Unterhaltsrecht. Dort gibt es einiges zu tun, dort sind die Meinungen der verschiedenen Parteien noch weit auseinander. Das waren sie beim Sorgerecht vor einigen Jahren auch noch. Beharrlichkeit, Offenheit, die Bereitschaft, die Sicht der anderen zu sehen, hat uns geholfen, diese Hürde zu nehmen. Das gleiche Rezept sollten wir auch bei der nächsten Revision anwenden - es hat recht gut funktioniert.
Sonntag, 1. Dezember 2013
Dienstag, 12. November 2013
Gemeinsames Sorgerecht jetzt!
Bald 5 Monate ist es her, seit das Parlament in der Schlussabstimmung die Einführung der gemeinsamen elterlichen Sorge beschlossen hat.
Vor bald einem Monat ist die Referendumsfrist unbenutzt abgelaufen.
Und nun, kurz vor der geplanten Einführung per 1.1.2014, stemmt sich urplötzlich die KOKES (Konferenz der Kantone für Kinder- und Erwachsenenschutz) dagegen. Die Begründung im Brief der KOKES klingt eher fadenscheinig. Es wird davon gesprochen, dass die Behörden überlastet seien und deshalb kein neues Gesetz einführen könnten. Es wird angeregt, die Einführung um mindestens ein Jahr zu verschieben, am besten gleich bis zur Einführung des Unterhaltsrechts.
Worum geht es genau?
Vor knapp einem Jahr wurden die neuen Kinder- und Erwachsenenschutzbehörden eingeführt. Sie lösten im ganzen Land die bisherigen Vormundschaftsbehörden ab. Ziel der Änderung war, eine Professionalisierung der Behörden zu erreichen. Dies sollte zu verbesserten Abläufen und damit zur rascheren Behandlung der anstehenden Fälle führen.
Das Gegenteil ist passiert. Schon seit Monaten hört man aus allen Kantonen, dass die KESB überlastet sind, die Verfahrensdauer sich ungebührlich verlängert hat und die betroffenen Kinder und ihre Eltern teilweise monatelang auf Antwort warten müssen.
Das neue Gesetz zur gemeinsamen elterlichen Sorge soll unter anderem dazu führen, dass Sorgerechtsstreitigkeiten wie sie das heutige Gesetz täglich produziert, eher zu Ausnahmen werden. Dies würde indirekt auch bedeuten, dass die Behörden zumindest in diesem Bereich von der Arbeit entlastet würden.
Natürlich ist zunächst mit einem Anstieg der Anträge zu rechnen, zumal das Gesetz mit einer gewissen Rückwirksamkeit versehen wird. Dieser "Ansturm" wird sich aber vermutlich in Grenzen halten und sollte, verteilt auf alle Kantone nicht zu einem "Zusammenbruch des Vollzugs" führen, wie es im Brief der KOKES heisst.
Mit der Andeutung zum Unterhaltsrecht erhält der Brief der KOKES eine ganz andere, eher bittere Beinote. In der politischen Debatte vor der Abstimmung des Parlamentes war es immer wieder darum gegangen, die beiden Vorlagen zu verknüpfen. Wir haben uns seinerzeit vehement dagegen gewehrt, da eine solche Verknüpfung zu einer ungebührlichen Verzögerung der gemeinsamen elterlichen Sorge geführt hätte. Das Parlament hat diese Haltung mehrfach bestätigt und schlussendlich auch so verabschiedet. Der klare Wille des Parlamentes ist es, das Sorgerecht unabhängig vom Unterhaltsrecht einzuführen.
Liest man den Brief der KOKES unter diesem Gesichtspunkt, kommt leicht der Verdacht auf, dass es sich hier um ein allerletztes, ziemlich unlauteres Mittel handelt, den politischen Willen zu missachten und durch die Hintertür doch noch eine Verknüpfung der beiden Themen zu erreichen.
Wir haben daher heute massiv gegen dieses Ansinnen der KOKES protestiert. In einem offenen Brief wandten wir uns heute direkt an die KOKES. Zusammen mit uns haben die CVP-Frauen, die FDP-Frauen, donna2 und mannschafft den offenen Brief unterzeichnet.
Brief der KOKES an Bundesrätin Sommaruga
Offener Brief VeV an KOKES
Vor bald einem Monat ist die Referendumsfrist unbenutzt abgelaufen.
Und nun, kurz vor der geplanten Einführung per 1.1.2014, stemmt sich urplötzlich die KOKES (Konferenz der Kantone für Kinder- und Erwachsenenschutz) dagegen. Die Begründung im Brief der KOKES klingt eher fadenscheinig. Es wird davon gesprochen, dass die Behörden überlastet seien und deshalb kein neues Gesetz einführen könnten. Es wird angeregt, die Einführung um mindestens ein Jahr zu verschieben, am besten gleich bis zur Einführung des Unterhaltsrechts.
Worum geht es genau?
Vor knapp einem Jahr wurden die neuen Kinder- und Erwachsenenschutzbehörden eingeführt. Sie lösten im ganzen Land die bisherigen Vormundschaftsbehörden ab. Ziel der Änderung war, eine Professionalisierung der Behörden zu erreichen. Dies sollte zu verbesserten Abläufen und damit zur rascheren Behandlung der anstehenden Fälle führen.
Das Gegenteil ist passiert. Schon seit Monaten hört man aus allen Kantonen, dass die KESB überlastet sind, die Verfahrensdauer sich ungebührlich verlängert hat und die betroffenen Kinder und ihre Eltern teilweise monatelang auf Antwort warten müssen.
Das neue Gesetz zur gemeinsamen elterlichen Sorge soll unter anderem dazu führen, dass Sorgerechtsstreitigkeiten wie sie das heutige Gesetz täglich produziert, eher zu Ausnahmen werden. Dies würde indirekt auch bedeuten, dass die Behörden zumindest in diesem Bereich von der Arbeit entlastet würden.
Natürlich ist zunächst mit einem Anstieg der Anträge zu rechnen, zumal das Gesetz mit einer gewissen Rückwirksamkeit versehen wird. Dieser "Ansturm" wird sich aber vermutlich in Grenzen halten und sollte, verteilt auf alle Kantone nicht zu einem "Zusammenbruch des Vollzugs" führen, wie es im Brief der KOKES heisst.
Mit der Andeutung zum Unterhaltsrecht erhält der Brief der KOKES eine ganz andere, eher bittere Beinote. In der politischen Debatte vor der Abstimmung des Parlamentes war es immer wieder darum gegangen, die beiden Vorlagen zu verknüpfen. Wir haben uns seinerzeit vehement dagegen gewehrt, da eine solche Verknüpfung zu einer ungebührlichen Verzögerung der gemeinsamen elterlichen Sorge geführt hätte. Das Parlament hat diese Haltung mehrfach bestätigt und schlussendlich auch so verabschiedet. Der klare Wille des Parlamentes ist es, das Sorgerecht unabhängig vom Unterhaltsrecht einzuführen.
Liest man den Brief der KOKES unter diesem Gesichtspunkt, kommt leicht der Verdacht auf, dass es sich hier um ein allerletztes, ziemlich unlauteres Mittel handelt, den politischen Willen zu missachten und durch die Hintertür doch noch eine Verknüpfung der beiden Themen zu erreichen.
Wir haben daher heute massiv gegen dieses Ansinnen der KOKES protestiert. In einem offenen Brief wandten wir uns heute direkt an die KOKES. Zusammen mit uns haben die CVP-Frauen, die FDP-Frauen, donna2 und mannschafft den offenen Brief unterzeichnet.
Brief der KOKES an Bundesrätin Sommaruga
Offener Brief VeV an KOKES
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