Montag, 20. Dezember 2010

Quo Vadis gemeinsames Sorgerecht?

Seit im Jahre 2004 der schwyzer Nationalrat Reto Wehrli sein Postulat für die Einführung der gemeinsamen elterlichen Sorge als Regelfall eingereicht hat, ist viel Zeit vergangen. Ein Rückblick und Ausblick ist daher angebracht.

Aktuelle Gesetzeslage:
Aktuell ist das gemeinsame Sorgerecht für verheiratete Eltern bei der Scheidung auf gemeinsamen Antrag möglich. Unverheiratete Eltern müssen das gemeinsame Sorgerecht ebenfalls gemeinsam beantragen, allerdings schon bei der Geburt des Kindes.

Geplante Änderung
Gemäss dem Vorschlag des Bundesrates soll neu die gemeinsame elterliche Sorge auch nach der Scheidung in der Regel erhalten bleiben. Dies bedeutet eine Umkehr der heutigen Situation. In der letzten bekannten Version des Bundesrates war hingegen für unverheiratete Eltern nach wie vor kein Regelfall vorgesehen.

Fahrplan
Nachdem im April 2009 die Vernehmlassung abgeschlossen war, blieb es still bis Ende 2009. Nicht zuletzt aufgrund der Intervention verschiedener Nationalräte sah sich der Bundesrat veranlasst, Mitte Dezember 2009 in einer Medienmitteilung den aktuellen Stand der Entwicklung bekannt zu geben. Gleichzeitig kündigte er an, im Verlauf des Jahres 2010 eine fertige Botschaft an das Parlament zu übergeben.
Das Jahr 2010 neigt sich dem Ende zu und noch immer steht die Botschaft des Bundesrates aus. Ob daher das Versprechen noch eingehalten werden wird, ist mehr als fraglich. Und so vergeht wieder ein Jahr ohne dass in dieser für soviele Menschen wichtigen Frage Fortschritte gemacht werden konnten.

Aktuelle Realität
Die aktuelle Gesetzeslage, welche das gemeinsame Sorgerecht nur auf gemeinsamen Antrag ermöglicht, führt in Kombination mit der statistischen Realität zu einem Quasi-Vetorecht der Frau im Scheidungsfall.
Laut Statistik wird die alleinige Sorge in der überwiegenden Mehrheit (>80%) der Frau zugeteilt, sofern kein gemeinsamer Antrag vorliegt. Es gibt also kaum einen Grund für eine Frau, einen solchen Antrag mit zu tragen. Gleichzeitig ist es für Väter praktisch unmöglich, das gemeinsame Sorgerecht zu erreichen. Ein einseitiger Antrag auf gemeinsames Sorgerecht ist nicht möglich, ein Antrag auf alleiniges Sorgerecht kontraproduktiv und praktisch aussichtslos. So entsteht eine Schräglage welche in extremen Fällen zu einem Machtmittel der Frau wird. Diesem Misstand gilt es nun endlich entgegen zu treten – der Bundesrat ist dringend gefordert, dieses wichtige Thema nicht weiter auf die lange Bank zu schieben, geht es doch um nicht weniger als die Zukunft unserer Kinder. Rund die Hälfte aller Ehen wird heute geschieden, es ist daher nicht mehr angebracht, von Einzelfällen zu sprechen.

Standpunkte
Während die Väterorganisationen unisono die Einführung der gemeinsamen elterlichen Sorge begrüssen (aus obgenannten Gründen), wird diese Gesetzesänderung von vielen Frauenorganisationen nach wie vor vehement bekämpft. Während die Väter hauptsächlich beklagen, bei der Scheidung quasi unbesehen aus der Verantwortung für ihre Kinder gestossen zu werden, wird von Frauenseite häufig behauptet, Väter würden das Sorgerecht lediglich als Machtmittel anstreben, es würde ihnen gar nicht um die Kinder gehen.

Dabei wird gerne verkannt, dass die heutige Vätergeneration eine andere ist, als diejenige, welche viele der heute in diiesen Frauenorganisationen aktiven Frauen noch selber erlebt haben. Während die Väterbewegung seit längerem den Dialog sucht, sind auf der anderen Seite leider häufig noch dicke Wände spürbar.

Entscheidend scheint mir, dass die anstehenden Fragen nur gemeinsam gelöst werden können. Nur wenn Männer und Frauen zusammenarbeiten, entsteht Elternschaft. Wollen wir also Elternschaft bewahren, müssen Männer und Frauen lernen, zusammen zu arbeiten, auch wenn sie nicht mehr zusammen leben.

Sonntag, 12. Dezember 2010

Happy Birthday ZwüscheHalt

Happy Birthday ZwüscheHalt
Beitrag in der Männerzeitung - Dezember 2010

Vor genau einem Jahr hat das erste Väter- und Familienhaus der Schweiz seine Tore geöffnet. Darum feiert nicht nur die Männerzeitung ein rundes Jubiläum, sondern auch die Institution ZwüscheHalt kann ein erstes, kleines Jubiläum feiern.

Als wir am 10. Dezember 2009 unsere Tore öffneten wussten wir nicht, was uns erwarten würde. Würden wir überrannt werden, würden schon bald Männer vor unserer Türe Schlange stehen, oder würde ganz im Gegenteil gar niemand sich für dieses Angebot interessieren? Wie würde die Öffentlichkeit unser Angebot aufnehmen und wie würde sich die Zusammenarbeit mit Institutionen und staatlichen Stellen gestalten.

Ganz viele Fragen, nur sehr wenige Antworten. Wir wussten natürlich schon, dass ein solches Angebot nötig war, sonst hätten wir uns ja gar nicht darauf eingelassen. Es hing aber vieles davon ab, wie Behörden und Beratungsstellen reagieren würden.

Zunächst geschah gar nichts. Weihnacht kam näher und nichts geschah. Doch dann, am 19. Dezember, mitten während der Waldweihnacht des VeV klingelte das Telefon. Am anderen Ende ein junger Mann, verzweifelt, den Tränen nah, fragte er, ob es wohl möglich sei, dass er mit seinem Sohn zu uns kommen könne.

Fast hätten wir angefangen, zu jubeln, das schien uns dann aber doch etwas bizarr, schliesslich war die Situation für den jungen Mann alles andere als lustig.

Am nächsten Tag, ein Sonntag rief er gegen Abend nochmals an, er war jetzt mit seinem Sohn geflüchtet und wartete auf uns in einem Restaurant. Zur gleichen Zeit hatte es angefangen, wie wild zu schneien sodass unsere allererste Einquartierung eine ziemliche Rutschpartie wurde. Doch am späteren Abend waren Vater und Sohn sicher und wohlbehalten im ZwüscheHalt einquartiert – glücklich und erschöpft.

So hatten wir über die ganzen Festtage unseren ersten Gast und kamen auch gleich schon ein erstes Mal an unsere Grenzen, zeigte sich doch, dass ein psychisch labiler Gast uns ganz schön fordern konnte, insbesondere über die Festtage, mit reduziertem Pikett.

Aber es gelang uns, die Situation zu meistern und unsere Gäste blieben bis Mitte Januar bei uns einquartiert.

Leider war dies schlussendlich doch keine Erfolgsgeschichte, ein etwas engstirniger Bezirksrichter entschied innerhalb von wenigen Minuten, dass das Kind der Mutter zu übergeben sei, und fortan bei dieser zu wohnen habe. Eine Chance wurde hier vertan, doch zumindest über die heiklen Festtage gelang es uns, dem jungen Mann und hauptsächlich seinem 2 jährigen Sohn eine sichere und ruhige Bleibe zu geben.

In den folgenden Wochen und Monaten war das Haus eigentlich ständig mehr oder weniger besetzt. Immer wieder wohnten und wohnen Männer für kürzere oder längere Zeit bei uns, mal mit, mal auch ohne ihre Kinder.

Insgesamt nahmen 20 Männer mit 14 Kindern unsere Dienste in Anspruch, gesamthaft ergab das ein Total von rund 400 Übernachtungen.

Nicht alle Männer die bei uns anfragten, kamen auch tatsächlich in den ZwüscheHalt. Getreu der Definition, dass ein Beratungsgespräch der kürzestmögliche ZwüscheHalt ist, konnten wir in den ersten 9 Monaten über 500 Beratungen, Begleitungen, Standortbestimmungen und weitere Dienstleistungen erbringen. Dabei reicht unser Einsatz vom einfachen Email über ein Telefongespräch bis hin zu persönlichen Gesprächen oder gar Begleitungen bei Behördengängen usw.

Unser Team war dabei mit allen möglichen Überraschungen konfrontiert. So hatten wir zum Beispiel einen Gast, der nur spanisch sprach. Wir waren dank der breiten Basis des VeV in der Lage, ihm einen Dolmetscher zur Verfügung zu stellen, der ihm bei wichtigen Behördengängen helfen konnte.

Es gäbe unzählige Geschichten und Erlebnisse zu erzählen, doch das würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen.

Parallel zur konkreten Arbeit im Haus begann unser Team auch intensiv, sich zu vernetzen. In unzähligen Gesprächen, Mails, Treffen, Präsentationen und anderen Formen der Vernetzung gelang es uns, das Angebot des ZwüscheHalt innert kürzester Zeit im Aargau und auch darüber hinaus bekannt zu machen. Insbesondere das Feedback von Fachstellen war dabei sehr erfreulich. Immer wieder hören wir von Fachleuten aus allen möglichen Richtungen, dass unser Angebot hoch geschätzt wird und dringend notwendig sei.

Natürlich gibt es auch immer noch einige Skeptiker, oder vielmehr Skeptikerinnen müsste man eigentlich sagen. Es gibt leider immer noch einige „bewegte“ Frauen die glauben, jedes Engagement FÜR Männer sei gleichzeitig GEGEN Frauen gerichtet und müsse darum aufs schärfste bekämpft werden. Doch glücklicherweise ist diese Haltung stark im Schwinden begriffen und wir können auf mehrheitlich positive bis höchst erfreuliche Kontakte zurückblicken.

Besonders freut uns die Unterstützung unserer Standortgemeinde sowie verschiedenen dort angesiedelten Institutionen. Wir wurden mit offenen Armen empfangen und freuen uns sehr darüber. Die Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden, aber auch mit der Schule, den Kirchen und weiteren involvierten Organisationen klappt ausgezeichnet.

Unser Projekt wurde aus Mitteln des VeV für 12 Monate vorausfinanziert. Die letzten Monate haben wir intensiv nach Möglichkeiten einer Refinanzierung gesucht. Zahllose Gespräche mit möglichen Geldgebern fanden und finden statt und ein gewisser Erfolg ist auch eingetroffen. Zur Zeit ist der Fortbestand des ZwüscheHalt nicht akut gefährdet, aber doch mittelfristig in Frage gestellt.

Staatliche Stellen stehen bei unseren Bemühungen im Vordergrund, sind wir doch überzeugt, dass über kurz oder lang ein staatlicher Leistungsauftrag das langfristige Bestehen einer Institutione wie dem ZwüscheHalt sicherstellen muss. Selbstverständlcih konzentrieren wir uns aber auch auf andere Institutionen wie die Kirchen oder Stiftungen mit entsprechendem Zweck.

Ein Teil der Finanzierung soll natürlich auch über private Spenden gedeckt werden, ausserdem werden ja auch Einnahmen erzielt da unsere Gäste einen Tagessatz entrichten müssen, der ihrem Einkommen angepasst erhoben wird.

Auf diese Weise hoffen wir, das Angebot ZwüscheHalt über die Runden bringen zu können, bis wir auf eigenen Beinen stehen können, bzw. bis der Staat seine Verantwortung in diesem Bereich wahrnimmt. Sollten Sie lieber Leser also bisher noch nicht wissen, wem Sie dieses Jahr eine Spende zukommen lassen wollen, so lege ich Ihnen das Projekt ZwüscheHalt ans Herz. Der Trägerverein VeV hat den Status „gemeinnützig“ vor 3 Jahren erhalten, Spenden an diesen Verein sind daher steuerabzugsfähig und werden selbstverständlich auch schriftlich bestätigt.

Wir haben in den vergangenen 12 Monaten vielen Menschen aktiv Unterstützung geleistet. Wir konnten darüber hinaus dank unserer Arbeit bei vielen Fachstellen und Fachpersonen Sensibilität für die Anliegen von Männern schaffen und unsere Sicht der Dinge einbringen.

Allen unseren Gästen konnten wir in der Not helfen, für Alle stand unser Haus und unser Ohr offen und wir sind überzeugt, dass wir diesen Menschen einen guten Dienst erwiesen haben.