Bald 5 Monate ist es her, seit das Parlament in der Schlussabstimmung die Einführung der gemeinsamen elterlichen Sorge beschlossen hat.
Vor bald einem Monat ist die Referendumsfrist unbenutzt abgelaufen.
Und nun, kurz vor der geplanten Einführung per 1.1.2014, stemmt sich urplötzlich die KOKES (Konferenz der Kantone für Kinder- und Erwachsenenschutz) dagegen. Die Begründung im Brief der KOKES klingt eher fadenscheinig. Es wird davon gesprochen, dass die Behörden überlastet seien und deshalb kein neues Gesetz einführen könnten. Es wird angeregt, die Einführung um mindestens ein Jahr zu verschieben, am besten gleich bis zur Einführung des Unterhaltsrechts.
Worum geht es genau?
Vor knapp einem Jahr wurden die neuen Kinder- und Erwachsenenschutzbehörden eingeführt. Sie lösten im ganzen Land die bisherigen Vormundschaftsbehörden ab. Ziel der Änderung war, eine Professionalisierung der Behörden zu erreichen. Dies sollte zu verbesserten Abläufen und damit zur rascheren Behandlung der anstehenden Fälle führen.
Das Gegenteil ist passiert. Schon seit Monaten hört man aus allen Kantonen, dass die KESB überlastet sind, die Verfahrensdauer sich ungebührlich verlängert hat und die betroffenen Kinder und ihre Eltern teilweise monatelang auf Antwort warten müssen.
Das neue Gesetz zur gemeinsamen elterlichen Sorge soll unter anderem dazu führen, dass Sorgerechtsstreitigkeiten wie sie das heutige Gesetz täglich produziert, eher zu Ausnahmen werden. Dies würde indirekt auch bedeuten, dass die Behörden zumindest in diesem Bereich von der Arbeit entlastet würden.
Natürlich ist zunächst mit einem Anstieg der Anträge zu rechnen, zumal das Gesetz mit einer gewissen Rückwirksamkeit versehen wird. Dieser "Ansturm" wird sich aber vermutlich in Grenzen halten und sollte, verteilt auf alle Kantone nicht zu einem "Zusammenbruch des Vollzugs" führen, wie es im Brief der KOKES heisst.
Mit der Andeutung zum Unterhaltsrecht erhält der Brief der KOKES eine ganz andere, eher bittere Beinote. In der politischen Debatte vor der Abstimmung des Parlamentes war es immer wieder darum gegangen, die beiden Vorlagen zu verknüpfen. Wir haben uns seinerzeit vehement dagegen gewehrt, da eine solche Verknüpfung zu einer ungebührlichen Verzögerung der gemeinsamen elterlichen Sorge geführt hätte. Das Parlament hat diese Haltung mehrfach bestätigt und schlussendlich auch so verabschiedet. Der klare Wille des Parlamentes ist es, das Sorgerecht unabhängig vom Unterhaltsrecht einzuführen.
Liest man den Brief der KOKES unter diesem Gesichtspunkt, kommt leicht der Verdacht auf, dass es sich hier um ein allerletztes, ziemlich unlauteres Mittel handelt, den politischen Willen zu missachten und durch die Hintertür doch noch eine Verknüpfung der beiden Themen zu erreichen.
Wir haben daher heute massiv gegen dieses Ansinnen der KOKES protestiert. In einem offenen Brief wandten wir uns heute direkt an die KOKES. Zusammen mit uns haben die CVP-Frauen, die FDP-Frauen, donna2 und mannschafft den offenen Brief unterzeichnet.
Brief der KOKES an Bundesrätin Sommaruga
Offener Brief VeV an KOKES